Jede Zelle braucht die Substanz Q-10.

Denn sie ist nicht nur für die Energieproduktion lebenswichtig, sondern wirkt u.a. als starker Radikalfänger. Als Nahrungsergänzung wird Q-10 weltweit schon seit Jahrzehnten eingesetzt.    Manuel Lüthi

In Rinderherzen entdeckte Fred L. Crane vor 60 Jahren eine bislang unbekannte Substanz, die er „quinone“-Chinon- nannte. Der amerikanische Biologe hatte für seine Forschung ganz bestimmte Organellen in den Rinderherzen untersucht:

Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen. Dort wo viel Energie benötigt wird, finden sich in hoher Zahl; beispielsweise in Zellen von Muskeln, Leber, Lunge, Niere, Gehirn und in Eizellen. Bei Herzmuskelzellen nehmen die Mitochondrien gar rund einen Drittel des Zellvolumens ein.

Bereits ein Jahr nach Cranes Endtdeckung hatte der Biochemiker Karl August Folkers die Struktur der neu entdeckten Substanz aufgeklärt. Da sie in jeder Zelle vorkommt – im Körper ubiquitär ist -, wurde sie Ubichinon-10 genannt, oder auch Coenzym Q10, kurz: Q10. Daraufhin folgten besonders intensive Forschungsjahre. 1978 erhielt der britische Chemiker Peter D. Mitchell für seine Erkenntnisse über die Wirkung von Coenzym Q10 den Nobelpreis.

Warum Q-10 so wichtig ist
In den Mitochondrien wird aus der Nahrung in einer komplexen, über viele Stufen verlaufenden Reaktion (Atmungskette) körpereigene Energie in Form von ATP gewonnen. Bei dieser „kalten Verbrennung“ der Nährstoffe mit Seuerstdroff spielt Q-10 eine zentrale Rolle. Ebenso wie die Mitochondrien findet sich Q-10 gehäuft in jenen Organen, die viel Energie benötigen – in Herz, Leber, Niere, Muskeln – sowie in den Komponenten des Hormonsystems. Q-10 sorgt für 95% der gesamten Körperenergie. Doch Q-10 ist mehr als nur ein Schlüssel der Energiegewinnung. Es verhindert die Oxidierung von Substanzen der Zellmembranen und erhält sie funktionstüchtig. Dies ist von grosser Bedeutung, das die Zellen über die Zellmembranen mit Nährstoffen und Vitalstoffen versorgt werden. Auch die Medikamente sind auf die intakten Ionenkanäle in den Membranen angewiesen, damit die Wirkstoffe ins Zellinere gelangen können. Darüber hinaus ist Q-10 ein wichtiges Antioxidans wie Vitamin C, Vitamin E, Beta-Carotin sowie Selen. Es kann „Sauerstoffspezies (ROS), neutralisieren und so den Körper vor oxidativem Stress schützen. Da freie Radikale im Erbgut Mutationen verursachen können, hilft Q-10 mit, unsere Erbsubstanz zu schützen. Der Schutz vor ROS gewinnt in unserer Zeit immer mehr an Bedeutung. Denn nicht nur Umweltgifte sind Quellen für ROS. Freie Radikale entstehen in hoher Zahl auch bei psychischem Stress, chronischen Erschöpfungszuständen, hoher sportlicher Leistung und bestimmten Krankheiten. Da fürs Neutralisieren der freien Radikale Q-10 eingesetzt wird, sinkt in der Folge dessen Gehalt im Blut ab. Auch einige Medikamente, wie Statine, lassen den Q-10 Blutspiegel absinken.

Wenn Q-10 knapp wird
Wir nehmen täglich zwischen 3 bis 5 Milligram Q-10 aus der Nahrung auf. Nahrungsmittel mit hohem Gehalt an Coenzym Q-10 sind Sardinen und Rindfleisch; aber auch Eier, Sojabohnen, Walnüsse, Mandeln, ölhaltige Früchte und grünes Gemüse wie Spinat sind gute Quellen. Da unser Körper das Coenzym selbst synthetisieren kann, ist Q-10, obwohl vitaminähnlich und essentiell, laut Definition kein Vitamin. Die Fähigkeit des Körpers, Q-10 zu bilden – was hauptsächlich in der Leber stattfindet -, nimmt allerdings mit vorrückendem Alter ab: Herzgewebe von 77 – bis 81 – jährigen enthält nur noch 43 Prozent jener Menge an Q-10, die sich bei 19- bis 21- jährigen findet. Auch ungesunde oder reduzierte Ernährung kann zu einer Unterversorgung an Q-10 führen. Zum einen, weil weniger Q-10 aufgenommen wird, zum anderen, weil es dem Körper an wichtigen Ubichinon-Vorstufen mangelt. Langes Lagern, Kochen und Frühreifung von Nahrungsmitteln wirken sich nicht nur auf den Gehalt von Vitaminen, sondern auch auf den Coenzym Q-10 negativ aus. Um die Q-10-Speicher wieder zu füllen, müssten unverhältnismässig hohe Mengen an jenen Nahrungsmitteln verzehrt werden, die reich an Q-10 sind (siehe oben). Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich das Coenzym aus anderen Quellen verfügbar zu machen.

Die -10-Speicher wieder füllen
Anfangs wurde Q-10 aus tierischem Gewebe isoliert; dies ist jedoch sehr aufwendig, die Ausbeute klein. Bereits in den 1970er-Jahren wurde daher versucht, Q-10 zu synthetisieren. Neben der chemishen Synthese haben sich zwei weitere Verfahren als erfolgreich erwiesen: Die Fermentation mithilfe von Hefen oder Bakterien. Das so gewonnene

Q-10 zeigte sich in Versuchen als sicher und gut verträglich. Gereinigtes Q-10 ist ein Pulver, das eine starke gelbe Farbe aufweist. Erschwerend bei einer Supplementation ist, dass Q-10 ein fettlösliches Molekül mit einer sehr schlechten Bioverfügbarkeit ist, d.h., unser Körper kann nur rund 10 Prozent der eingenommenen Menge von herkömmlichen Q-10 aufnehmen. Da Coenzym Q-10 keine patentierbare Substanz ist, lohnte es sich für Arzneimittelhersteller nicht, ein entsprechendes Medikament zu entwickeln. Dennoch sind in der Medizin die Wirkungen von Coenzym Q-10 bei den verschiedensten Krankheiten Gegenstand intensiver Forschungen. Auch wenn Q-10 in fast allen Ländern (mit Ausnahmen) nicht als Medikament eingesetzt wird: Als Nahrungsergänzung wird es von Millionen von Menschen eingesetzt, v.a. um die Energiereserven des Körpers wieder aufzufüllen – bei uns schon seit Langem, in Japan seit rund 40 Jahren und in den USA seit über 30 Jahren.

Als Nahrungsergänzung wird Q-10 hauptsächlich empfohlen

  • für Menschen über 40 Jahre, die mehr Energie brauchen,
  • für Sportler,
  • bei Stress in Beruf und Familie,
  • in der Genesungszeit (Rekonvaleszenz),
  • zur Unterstützung bei Herz- und Kreislauf-Bescherden,
  • bei der Einnahme von Statinen (Statine vermindern die körpereigene Q-10 Synthese),
  • als Anti-Aging-Substanz (weit verbreitet in Kosmetika), 
  • bei Mangelernährung,
  • bei Personen unter 40 Jahren in besonderen Leistungsphasen wie Sport und Prüfungsstress.